An diesem Wochenende fanden die MTV EMAs in Budapest statt. Nachdem die Veranstaltung letztes Jahr coronabedingt einzig virtuell stattfinden konnte, war es in diesem Jahr wieder Zeit für ein Event mit Live-Auftritten von unter anderem Ed Sheeran oder Saweetie. Aber auch eine Deutschrapperin war zugegen – und Badmómzjay konnte sogar einen Preis mit nach Hause nehmen.
Badmómzjay ist der "Best German Act" 2021
Im Jahr 2019 konnte bereits eine andere Rapperin den Preis für den "Best German Act" abräumen: Damals gewann Juju den Award zeitgleich mit Loredana, die als der "Best Swiss Act" ausgezeichnet wurde. Die Gewinner:innen der nationalen Awards werden bei dem EMAs übrigens vie Publikumsvoting ermittelt. Dass der Award in diesem Jahr an Badmómzjay (jetzt auf Apple Music streamen) ging, setzt nicht nur ein starkes Zeichen dafür, dass deutschsprachiger Female Rap weiterhin ganz oben mitspielt, sondern auch für die LGBTQ+-Community. Badmómzjay macht sich nämlich als Teil dieser immer wieder für die Community stark und sorgt für mehr Sichtbarkeit von LGBTQ+-Themen in der Rapwelt.
Und auch ihr Sieg bei den EMAs hat einen Impact: Als eine mehrerer Künstler:innen aus der Community, die bei der Veranstaltung geehrt wurden, zeigt sie der LGBTQ+-feindlichen Politik der ungarischen Orban-Regierung klare Grenzen auf.
Saweetie erinnert sich nicht an Badmómzjay
In ihrer Instagram-Story teilt Badmómzjay außerdem ein Aufeinandertreffen mit US-Rapperin Saweetie im Backstage-Bereich der Veranstaltung. Letztere konnte übrigens einen Award in der Kategorie "Best Newcomer" mitnehmen. Zudem hostete sie das Event und performte über den Abend hinweg einige ihrer Songs. Aber zurück zu Badmómzjay. Diese schreibt nämlich in ihrer
Story:
@Saweetie not her remembering me. We had an interview when I was 17.. she told me 'see u at the top'. Look at me now... 19... Germany´s best act at the MTV EMA´s and she´s hosting the show. God is great. Love u girl.“
Wir sind zwar keine Fans von Badmomzjay´s Musik, freuen wir uns für sie. Auch wenn die MTV EMAs heute nicht mehr die Relevanz haben, die sie einmal hatten. Für Deutschrap generell zieht diese Auszeichnung, wie bereits im Vorjahr, eine bittere Bilanz, weil sie zeigt, wie tief die Messlatte für Deutschen Rap wirklich hängt. Offenbar genügt es Deutschen Fans wie auch MTV-Juroren gleichermaßen, englische, französische oder amerikanische Tracks nachzuäffen, um als Künstler durchzugehen. Kreiert – wie man es bei Kunst eigentlich erwarten könnte – wird dabei nichts. Eine eigene Rapkultur kann sich auch nicht herausbilden, wenn man sich wissentlich darauf beschränkt, das Echo internationaler Künstler zu sein. Wen wundert es, dass viele junge Leute in Deutschland, dieser billigen Karaokeshow wenig abgewinnen können und lieber auf die Originale zurückgreifen, anstatt sich diesen peinlichen Karneval zu geben.
Rap ist mehr als Musik – er bedeutet Identifikation. Deutscher Rap als reines Echo bietet das für junge Menschen hier nicht, da darin kommunizierte Inhalte kaum etwas mit der Realität junger Menschen in Deutschland zu tun haben. Deutsche drillen nicht, sind nicht in Gangs, haben keine Opps und leben auch nicht in Traps oder Bandos. Deutsche Rapper verkleiden sich, imitieren und leben bei ihren Eltern. Wenn sie richtig Street sind, bezahlt ihnen das Jobcenter die Wohnung, aus der sie gelegentlich mal nen Zwanni Ott abdrücken. Werden sie „erfolgreich“, bezahlen sie jemanden, der im Ansatz ihre Textinhalte lebt, damit sie, wenn sie darüber rappen und das als ihre Realität verkaufen, bloß nicht schon bei der ersten Show aufs Maul bekommen.
Die wohl meistgerappte Line im Deutschen Rap der vergangenen 20 Jahre, ist: Deutschrap ist tot. Meist gefolgt von der Ambition ihn aber jetzt zu retten bzw. besser zu machen. Erfüllt hat das niemand. Warum auch, wenn man Geld verdienen kann ohne sich die Mühe machen zu müssen, neue Vibes zu kreieren? Genau hier liegt aus unserer Sicht das Problem, aber auch die Lösung:
Wenn Fans neue Vibes aus Deutschland und eine eigene Rapkultur wollen, müssen sie diese einfordern und dürfen sich nicht mehr mit dem billigen Abklatsch zufrieden geben. Das würde nicht nur die Anzahl schlechter Rapper dramatisch dadurch reduzieren, dass eben nicht jeder in der Lage ist, etwas zu kreieren. Es würde einen Mindestmaßstab definieren, den zu unterschreiten automatisch bedeutet, kein Geld zu verdienen oder Anerkennung und Reichweite zu bekommen. Die Konsequenz wäre guter Rap aus Deutschland, der immer besser wird, weil er mit internationalem Rap konkurrieren muss.
Aktuell ist Deutscher Rap vor allem ein Businessmodell für Menschen die nicht schlau genug sind, um anders ihr Geld zu verdienen und nicht hart genug, um die Batzen auf der Straße zu machen, wie sie gerne in ihren Texten behaupten. Das muss sich ändern.